Krankheitsdauer gleich Kündigungsfrist
Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird am Tag der Kündigung krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.
Das Entgeltfortzahlungsgesetz schreibt vor, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber hat. Voraussetzung ist, dass die Krankheit den Arbeitnehmer arbeitsunfähig macht. Zudem darf er die Arbeitsunfähigkeit nicht verschuldet haben. Der Anspruch entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen. Das geschieht bislang durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes („gelber Schein“). Dieser Bescheinigung wird von der Rechtsprechung ein hoher Beweiswert zuerkannt. Bestreitet ein Arbeitgeber trotz Vorlage der AU-Bescheinigung, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist, muss er in einem Arbeitsgerichtsverfahren den Beweiswert erschüttern. Wenn dem Arbeitgeber das gelingt, muss der Arbeitnehmer weiteren Beweis anbieten.
Der Arbeitgeber erschüttert den Beweiswert, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das jetzt angenommen, wenn diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Eigenkündigung einer Arbeitnehmerin abdeckt.
Im konkreten Fall war eine Beschäftigte vom Tage der Kündigung bis zum Ende der Kündigungsfrist arbeitsunfähig krankgeschrieben. Dem Arbeitgeber war es nach Ansicht des BAG gelungen, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern. Die Koinzidenz zwischen der mit der Dauer der Kündigungsfrist deckungsgleichen Arbeitsunfähigkeit begründe einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit.
BAG vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21