Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 04.11.2021 – L 11 AS 632/20
Mit Urteil vom 4. November 2021 hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden, dass die Einlegung eines Widerspruchs mit einfacher E-Mail nicht der gesetzlichen Form entspricht.
11.01.2022
Wegen schwankender Einkommen berechnete das Jobcenter die Hartz IV – Leistungen eines Paares zunächst vorläufig bis im Dezember 2019 die endgültige
Festsetzung erfolgte. Die Bescheide enthielten eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus der sich ergab, dass ein Widerspruch “schriftlich oder zur Niederschrift” einzulegen sei.
Erfolgloses Widerspruchsverfahren
Mit einfacher Mail legte das Paar Widerspruch ein. Das Jobcenter wies die Widerspruchsführer schriftlich darauf hin, dass die Formerfordernisse nicht gewahrt seien, da die technischen Voraussetzungen einer eindeutigen Urheberschaft nicht gewährleistet seien. Sie wurden darauf hingewiesen, dass der Widerspruch formgerecht nachgereicht werden müsse, ansonsten er unzulässig sei. Die Leistungsempfänger erwiderten hieraufhin, dass in
den Bescheiden nicht stehe, dass kein Widerspruch per E-Mail erfolgen könne. Der Hinweis „schriftlich oder zur Niederschrift“ sage jedem, der normal bei Verstand sei, dass der Widerspruch per Fax, per Niederschrift oder per E-Mail eingelegt werden könne. Für einen normalen Menschen sei es nicht nachvollziehbar, weshalb Unterschiede zwischen Fax und E-Mail gezogen würden, zumal Mails zur ganz normalen täglichen Kommunikation gehörten.
Sozialgericht bestätigt Rechtsaufassung des Jobcenters
Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob das Paar Klage beim Sozialgericht (SG) Lüneburg, die mit Gerichtsbescheid vom 3. November 2020 abgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung legten die Leistungsempfänger Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen ein.
LSG: Einfache Mail wahrt keine Frist
Mit Urteil vom 4. November 2021 wies das LSG die Berufung zurück. Zwar könne, so das Berufungsgericht, ein Widerspruch auch in elektronischer Form eingereicht werden, allerdings sei dann eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine absenderauthentifizierte Übersendung (z.B. als De-Mail) erforderlich. Diese Voraussetzungen jedoch erfülle eine einfache Mail jedoch nicht. Da das Jobcenter auf diesen Weg nicht hingewiesen habe, könne sich höchstens die Widerspruchsfrist von einem Monat auf ein Jahr verlängern. Jedoch hätten die Leistungsempfänger auch die verlängerte Widerspruchsfrist von einem Jahr nicht genutzt um einen formgerechten Widerspruch nachzureichen. Sie hätten weiterhin darauf beharrt, dass eine einfache E-Mail ausreiche. Nach alledem, so das LSG, sei der Berufung kein Erfolg beschieden.
Gründe für die Zulassung der Revision vermochte das Berufungsgericht nicht zu erkennen.
Kläger legen Nichtzulassungsbeschwerde ein
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat das klagende Paar Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. Über den weiteren Verlauf des Verfahrens werden wir berichten.
Hier finden Sie das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 4. November 2021: